von Sophia Kupferschmidt
Der „Zeitungskrieg im Zollernalbkreis“ hat öffentliches Interesse geweckt. So berichten zahlreiche Medien über die Ausnahmesituation. Ein Überblick.
Ein Rechtsstreit, der vor das Landgericht in Stuttgart geht, die Gründung einer neuen Redaktion und plötzlich derselbe Name für zwei unterschiedliche Medienprodukte: Die Zeitungssituation im Zollernalbkreis sorgt nicht nur hierzulande für Verwirrung. Wir haben die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Es ist schon einige Monate her, da gab es im Raum Albstadt und Balingen nur zwei Zeitungsverlage: den Schwarzwälder Boten und den Zollern-Alb-Kurier (ZAK). Letzterer wurde vom familiengeführten Druck- und Verlagshaus Hermann Daniel herausgegeben. Ende des Jahres 2022 wurde der ZAK vom Schwäbischen Verlag mit Sitz in Ravensburg gekauft. Nach Angaben des Verlags hat er bisher keinen der 20 Lokalredakteure des ZAK entlassen, auch der Name „Zollern-Alb-Kurier“ ist derselbe geblieben. Eine Veränderung des Zeitungsprodukts gab es dennoch. Das Layout wurde an das des Schwäbischen Verlags angepasst, aus dem blauen Design des ZAK wurde das gelbe der Schwäbischen Zeitung. Außerdem erstellt nun die Schwäbische Zeitung die Mantelseiten für den ZAK. Zuvor hatte dies die Südwest Presse (SWP) getan.
So weit ist die Situation verständlich. Doch am 7. Januar überraschte Ulrich Becker, Chefredakteur der SWP, mit einer Aktion. Plötzlich brachte er im Raum Balingen und Albstadt ebenfalls einen „Zollern-Alb-Kurier“ heraus – obwohl diese Region zuvor gar nicht zum Verbreitungsgebiet der SWP gehörte. Dieser „neue“ Zollern-Alb-Kurier erschien in blauer Farbe, dem Corporate-Design der SWP. Der aufgekaufte Zollern-Alb-Kurier erschien also plötzlich statt in blauer, in gelber Farbe, der „neue“ Zollern-Alb-Kurier dagegen in blauer Farbe. Dies verwirrte nicht nur die Leser.
Der Schwäbische Verlag legte einen „Antrag auf einstweilige Verfügung“ ein, und wollte so verhindern, dass die SWP ihre Zeitung im Zollernalbkreis unter dem Namen „Zollern-Alb-Kurier“ herausgibt. Diese Rechtsfrage wurde Ende Januar am Landgericht in Stuttgart verhandelt.
Chefredakteur Ulrich Becker hatte mehrere Argumente, eine zweite Zeitung unter demselben Namen herauszugeben. Zum einen sei der Zollern-Alb-Kurier ein Gemeinschaftswerk gewesen, den überregionalen Teil lieferten Redakteure der SWP, die lokalen Artikel schrieben die Redakteure des Verlagshaus Herrmann Daniel. Zudem hatte die SWP seit den 1970er Jahren eine Lokalzeitung in Albstädter Teilgemeinden unter dem Titel „Zollern-Alb-Kurier/Schmiecha Zeitung“ veröffentlicht. Durch einen Vertrag im Jahr 2015 sei die Erlaubnis zur Verwendung dieses Namens bestätigt worden.
Außerdem wollte ursprünglich eigentlich die SWP den Zollern-Alb-Kurier des Verlagshauses Daniel Herrmann übernehmen – bevor der Schwäbische Verlag ihr diesen wegschnappte. Denn Anfang Januar hatte das Bundeskartellamt Bedenken gegen die Übernahme des ZAK durch die SWP eingelegt. Die SWP gehört zur Deutschen Pressegesellschaft mit Sitz in Ulm. Diese ist mit der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH) gesellschaftsrechtlich verflochten. Somit hatte das Bundeskartellamt Bedenken, da eine Übernahme des ZAK durch die SWP zu weniger Medienvielfalt im Zollernalbkreis beitragen würde.
Das Landgericht Stuttgart entschied, dass nur die Schwäbische Zeitung den Namen Zollern-Alb-Kurier benutzen darf. Die SWP veröffentlicht ihre Ausgabe nun unter dem Namen „Südwest-Presse Zollernalb“. Derweil baut die SWP eine neue Redaktion in Balingen auf, dafür wolle sie nach Angaben des Chefredakteurs neue Journalisten einstellen. Mit provokanten, vergleichenden Werbemitteln tragen die beiden Medienunternehmen den „Zeitungskrieg“ aus. Die SWP lockt aktuell Abonnenten mit Prämien in Höhe von 250 Euro an.
Der Schwarzwälder Bote fährt stattdessen eine Offensivstrategie, und bietet die Tageszeitung für den ursprünglichen Preis an. Auf den Konkurrenzkampf im Zollernalbkreis reagiert er mit verschiedenen Kundenbindungsmaßnahmen. Ende März hat er beispielsweise zwei Podiumsdiskussionen zur OB-Wahl in Albstadt und Balingen angeboten. Diese seien „ein voller Erfolg“ gewesen, wie die Organisatoren der Veranstaltung ihr Resümee ziehen.
Zudem hat der Schwarzwälder Bote an acht Terminen an unterschiedlichen Orten im Zollernalbkreis den „Schwarzwälder Bote-Stammtisch“ ausgerichtet. Dort konnten Interessenten mit der Chef- und Lokalredaktion über Themen aus ihrer Heimatregion sprechen. Die Besucherzahlen schwankten an den verschiedenen Terminen, aber alle Teilnehmer führten angeregte Gespräche mit den Redakteuren. Inhaltlich waren die Besucher sehr interessiert und stellten beispielsweise Fragen zur Vereinsberichterstattung, die seit Ende vergangenen Jahres automatisierter als zuvor abläuft.
Auf die Werbung der beiden Konkurrenzzeitungen reagierte der Schwarzwälder Bote mit drei verschiedenen Werbemitteln, bei der er seine Vorteile hervorhob, wie die lange Tradition der Berichterstattung im gesamten Zollernalbkreis. Anders als die SWP und der Schwäbische Verlag veröffentlichte er keine vergleichende Werbung. Diese Offensiv-Strategie wird der Schwarzwälder Bote voraussichtlich weiterhin fahren.